Montag, 4. Februar 2008

Bluthochdruck - weltweit "stiller Killer"

Experten und Vertreter von führenden Organisationen im internationalen Gesundheitswesen fordern einen Stop der Bluthochdruck-Pandemie: ein weltweiter "stiller Killer"

Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern von sieben internationalen Gesundheitsorgani- sationen, fordert bessere Ergebnisse beim Blutdruck (BD) von Patienten mit Bluthochdruck, der Hauptursache für die attributale Mortalität rund um die Welt. Die Arbeitsgruppe bestimmte deshalb 5 gezielte, zweckmässige und konkrete Massnahmen, die in der Ausgabe vom Januar 2008 des "Journals of Human Hypertension"(1) beschrieben wurden: Erkennung und Vorbeugung von hohem BD, das gesamte kardiovaskuläre Risiko einschätzen, eine aktive Beziehung zum Patienten eingehen, zielorientierte Bluthochdruckbehandlung und hilfreiche Unterstützung.

George Bakris, Direktor des Departments of Medicine, Hypertensive Diseases Center an der University of Chicago School of Medicine in Chicago, USA, und Vorstandsmitglied der Call to Action Working Group, erklärte: "Sollte dieses Vorgehen von den Ärzten und bestimmten Gesundheitssystemen weltweit strikt befolgt werden, kann es dabei helfen, die Lücke zwischen den möglichen Heilmassnahmen und dem gegenwärtigen Zustand im Gesundheitswesen zu schliessen. Damit können Millionen Menschenleben gerettet werden."

Bluthochdruck ist ein "stiller Killer", der immer noch über eine Milliarde Menschen weltweit betrifft(2),(3). Es wird erwartet, dass diese Anzahl im Jahr 2025(3) die 1,5-Milliarden-Grenze überschreiten wird. Millionen Menschen werden hauptsächlich mangels zielorientierter Blutdruckbehandlung zu früh sterben oder bleibende Gesundheitsschäden erleiden, wie z. B. Schlaganfälle, Herzinfarkte, Herzversagen oder Nierenschäden.

Obwohl wirksame Behandlungsmethoden erhältlich sind, erreichen 75 % aller Bluthochdruck- patienten und sogar 50 % der behandelten Patienten das empfohlene Ziel von 140/90 mm Hg oder tiefer nicht(4),(5),(6). Patienten, die die verschriebenen Medikamente nicht einnehmen, ist eine weitere Herausforderung. In den USA befolgen nur 50 % der Patienten die Anweisungen bezüglich Medikamente und lediglich ca. 10 % sind bereit, ihre Lebensweise zu ändern(7).

"Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollten deshalb dazu angehalten werden zu bedenken, dass auch wenn sich der Patient gut fühlt, es nicht ausreicht, dem Behandlungsziel bloss nahe zu kommen. Stattdessen sollte das Ziel erreicht oder übertroffen werden", sagte Ernesto Schiffrin, Physician-in-Chief und Vorsitzender des Departments of Medicine am Sir Mortimer B. Davis-Jewish General Hospital der McGill University in Montréal in Kanada und Mitglied der Call to Action Working Group.

Änderungen in der Lebensweise sind nicht nur wegen dem positiven Einfluss auf den Blutdruck wichtig, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Es können massgeblich Kosten gespart werden, wenn die Patienten lernen, wie man diese Änderungen regelmässig befolgen kann. In diesem bestimmten Bereich hat eine gute Beziehung zwischen den Krankenpflegern und den Patienten grossen Einfluss.

"Wir haben festgestellt, dass durch gute Beziehungen mit den Patienten und deren Familien ein besseres Verständnis für den Einfluss von körperlicher Betätigung und gesünderem Essverhalten auf den Krankheitsverlauf geschaffen werden kann. Dazu gehören auch Ratschläge an besorgte Patienten, wie sie diese Änderungen für eine verbesserte Lebensweise in ihren Tagesablauf aufnehmen können", erklärte Amy Coenen vom International Council of Nurses an der University of Wisconsin College of Nursing, in Milwaukee, Wisconsin, USA.

Die erste Massnahme zielt auf das Erkennen und die Behandlung von mehr Patienten mit gefährlich hohem BD, die noch nicht in Behandlung sind oder das Behandlungsziel noch nicht erreicht haben (140/90 mm Hg bzw. 130/80 für Patienten mit Risikofaktoren). Mit jeder Steigerung um 20/10 mm Hg über diesen Blutdruckwerten verdoppelt sich das Sterberisiko aufgrund einer kardiovaskulären Komplikation(8). Das grösste Risiko einer fatalen Komplikation besteht bei Personen mittleren Alters oder älter, übergewichtigen Personen oder Diabetikern.

Die zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren dieser Patienten sollten als Teil der zweiten Massnahme rasch und gründlich beurteilt werden. Dadurch sollen schwerwiegende Organschädigungen, wie z. B. fortgeschrittene oder sich im Endstadium befindliche Nierenschäden, verhindert werden. Da zu viele Patienten das Behandlungsziel nicht erreichen, schlägt die Arbeitsgruppe mit der dritten Massnahme tiefgreifende Patientenbeziehungen vor. Ziel dabei ist es, die Patienten dazu zu motivieren, während der Behandlungsdauer ihrer Krankheit eine aktivere Rolle zu übernehmen.

Dabei sollte es ihnen möglich sein, ihre Fortschritte zu verfolgen. Die vierte Massnahme betrifft das Behandlungsziel; wahrscheinlich die schwierigste, jedoch nicht minder wichtige, Massnahme. Ärzte und Anbieter von Gesundheitsfürsorge sollten dazu angehalten werden, ihre Patienten über den Einfluss von langfristigen Änderungen in der Lebensweise aufzuklären. Falls dies nicht ausreicht, muss eine angemessene und strikte Medikamententherapie verschrieben werden, um bei Patienten mit hohem Risiko rasch einen Blutdruck von 140/90 mm Hg oder tiefer zu erreichen.

Im Fall von Patienten, die vom Behandlungsziel noch weit entfernt sind, bestätigten neuere Studien, dass angemessene Kombinationsmedikamente von Anfang an verabreicht werden können.

"Neben einer gründlichen Aufklärung über Diäten und Änderungen in der Lebensweise können einmal täglich verabreichte Medikamente, die von den Patienten gut vertragen werden und die sie sich leisten können, zu einer besseren Compliance führen", sagte Trefor Morgan, Direktor des Departments of Physiology an der University of Melbourne, in Victoria in Australien und Mitglied der Call to Action Working Group für die Asian-Pacific Society of Hypertension.

Mit der fünften und letzten Massnahme erwartet die "Call to Action" generelle Unterstützung aus dem Patientenumfeld, z. B. von Gemeinschaftsorganisationen und lokalen Institutionen, zur Befürwortung der Präventionsstrategien und Vorsorgeuntersuchungen.

"Es gibt keine Einheitslösung und ohne Mithilfe der Patienten können keine befriedigenden Resultate erzielt werden", erklärte Giuseppe Mancia, Direktor des Departments of Clinical Medicine and Prevention an der University of Milano-Bicocca Mailand, Italien, und Vorstandsmitglied der Call to Action Working Group.

Luis Miguel Ruilope, Präsident der Spanish Society of Hypertension und Mitglied der Call to Action Working Group, meinte: "Anbieter von Gesundheitsfürsorge könnten die fünf Finger einer Hand zum Veranschaulichen der entsprechenden fünf Massnahmen gegen zu hohen Blutdruck benutzen. Falls das alle machen würden, könnte man das Leben vieler Millionen Menschen in der Welt verbessern und die schmerzhaften Folgen eines unkontrollierten hohen Blutdrucks würden besser verhindert."

Call to Action Working Group

Diese Pressemitteilung wird von folgenden Experten unterstützt: G. Bakris, International Society of Nephrology, Department of Medicine, Hypertensive Diseases Center, University of Chicago, Pritzker School of Medicine, Chicago, Il, USA; M. Hill, The Johns Hopkins University of School of Nursing, Baltimore, MD, USA; G. Mancia, Department of Clinical Medicine and Prevention, University of Milano-Bicocca, Mailand, Italien; K. Steyn, Chronic Diseases of Lifestyle Unit, Medical Research Council, Kapstadt, Südafrika; T. Pickering, Behavioral Cardiovascular Health and Hypertension Program, Columbia Presbyterian Medical Center, New York, NY, USA; S. De Geest, Institute of Nursing Science, University of Basel, Schweiz; L. Ruilope, Spanish Society of Hypertension, Department of Medicine, Hypertension Unit, 12 de Octubre Hospital, Madrid, Spanien; T. Morgan, Asia Pacific Society of Hypertension, Department of Physiology, University of Melbourne, Victoria, Australien; S. Kjeldsen, Department of Cardiology, Ullevaal University Hospital, Oslo, Norwegen; E.L. Schiffrin, Department of Medicine, Sir Mortimer B. Davis-Jewish General Hospital, McGill University, Montréal, Kanada; A. Coenen, International Council of Nurses, University of Wisconsin College of Nursing, Milwaukee, WI, USA; P. Mulrow, Department of Medicine, Ruppert Health Center, Medical University of Ohio, Toledo, OH, USA; A. Loh, WONCA, Department of Family Medicine, College of Medicine Building, Singapur, Singapur; G.A. Mensah, World Heart Federation, Genf, Schweiz.

Weitere Mitglieder der Call to Action Working Group: H.R. Black, Department of Nephrology, New York University School of Medicine, New York, NY, USA; T.D. Giles, American Society of Hypertension, Department of Medicine, Division of Cardiology, Tulane University School of Medicine, New Orleans, LA, USA.

Die Arbeitsgruppe wurde durch Forschungsgelder der Bristol Myers-Squibb und Sanofi-Aventis unterstützt.

Referenzen:
(1) Bakris G et al. Achieving blood pressure goals globally: five core actions for health-care professionals. A worldwide call to action. J Human Hypertens, 2008; 22: 63-70
(2) Hajjar I et al. Hypertension: trends in prevalence, incidence, and control. Annu Rev Public Health 2006; 27: 465-90
(3) Kearney PM et al. Global burden of hypertension: analysis of worldwide data. Lancet 2005; 365: 217-23
(4) Pavlik VN, Hyman DJ. How well are we managing and monitoring high blood pressure? Curr Opin Nephrol Hypertens 2003; 12: 299-304
(5) Waeber B et al. Compliance with antihypertensive therapy. Clin Exp Hypertens 1999; 21: 973-85
(6) Berlowitz DR et al. Inadequate management of blood pressure in a hypertensive population. N Engl J Med 1998; 339: 1957-63
(7) Haynes RB et al. Helping patients follow prescribed treatment: clinical applications. JAMA 2002; 288: 2880-3
(8) Lewington S, et al. Age-specific relevance of usual blood pressure to vascular mortality. Lancet 2002; 360: 1903-13


- dpa-

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