Dank öffentlicher Hilfe würde so mancher nach der Krise so weitertun wie zuvor
von Leo Szemeliker
Was der vor gar nicht so langer Zeit von den Mächtigen so verschmähte Staat alles tun soll: den Banken schlechte Wertpapiere abkaufen (die sie zuvor ganz ohne Staatszwang mit der Aussicht auf Supergewinne gekauft hatten), den Banken Partizipationskapital geben (aber bitte ohne anmaßende Bedingungen wie etwa Mitsprache oder gar Beteiligung), die Banken dann eventuell doch auffangen (wenn gar nichts mehr geht und "das System" in Gefahr ist).
Dann könnte der Staat noch die Managergehälter neu regeln, mehr Geld für Kurzarbeitsmodelle rausrücken, die Unternehmensanleihen garantieren, er sollte durchaus auch selbst Bank spielen und die vertrockneten Kreditmärkte wieder fluten. Den Autohändlern könnte er schließlich über sogenannte Ökoprämien (schließlich nützt der Staat
auch der Umwelt) den Kragen retten. Oder vielleicht auch den Forstwirten. Eventuell noch den Heizkesselherstellern.
Vor wenigen Jahren noch lautete das herrschende Credo, der Staat möge sich tunlichst aus allem heraushalten, auf dem Wirtschaft draufsteht. Denn die Wirtschaft regele sich selbst, und wenn der Staat nicht eingreift, werde sie in alle Ewigkeit auch wundersam weiterwachsen.
Ja, das Perpetuum mobile schien zumindest in der Finanzwirtschaft erfunden gewesen zu sein, mit Geld, das sich von selbst vermehrte - solange der Staat nicht seine öffentlichen Finger im Spiel hätte.
Nach dem Zusammenbruch des Truggebildes von immer steigenden Renditen sind sich die gleichen Personen, die zuvor mit aller Gewalt versucht haben, die Staaten aus alle ihrem Tun rauszuhalten, genau die, die sich um Hilfe der öffentlichen Hand anstellen. Im Höhenrausch und im anschließenden Absturz sind die vorgeschobenen Begründungen für ihr Tun interessanterweise auch die gleichen: Man tue doch alles für die Arbeitsplätze. Für den Standort. Die Allgemeinheit.
Die öffentliche Hand kommt nun mit dem Paketeschnüren gar nicht mehr nach. Noch befindet sich in vielen der Packerln nur "funny money", kein echtes Geld, nur Garantien und Haftungen, die nur im schlimmsten Fall schlagend werden könnten. Doch der Fall, der viel schlimmer ist als der schlimmste, denn man sich etwa im Vorjahr noch vorstellen konnte, ist längst eingetreten.
George Soros sagte im Standard-Gespräch, dass das Finanzsystem in Wahrheit längst kollabiert ist. Nur dank der staatlich zur Verfügung gestellten Krücken könne es noch so tun, als ob es noch stünde.
Der Staat muss den Banken unter die Arme greifen, denn die wirtschaftlichen und vor allem die sozialen Folgen eines dominoartigen Umfallens der Banken und danach der Unternehmen will man sich gar nicht vorstellen. Auch soll er der Industrie - etwa mit der zeitlich limitierten Förderung von Kurzarbeit - über die Runden helfen, damit nicht wieder Heere an Arbeitslosen auf der Straße stehen.
Es ist bedenklich: So gut wie alle Akteure tun so, als wäre die Krise gleich einer Force majeure über die Menschheit hereingebrochen, als ob nicht unvollkommene Märkte, schlechte Strukturen, ungleiche Machtverhältnisse, geopolitisches Muskelspiel und irrige Annahmen der Eliten die Krise verursacht hätten.
Es ist ebenfalls falsch zu glauben, in ein paar Monaten, nachdem die Staaten ein paar Tausendmilliarden auf Kosten künftiger Generationen locker gemacht haben, scheine gemäß den vermeintlichen Naturgesetzen des Marktes wieder die Sonne.
Bisher schafften es die entscheidenden Politiker nicht, einen New Big Deal für eine künftige Weltwirtschaftsordnung zu entwerfen. Auch die "Buy American"-Klausel, die in Obamas Konjunkturpaket enthalten sein soll, riecht nach sehr alter und sehr falscher Wirtschaftspolitik.
-dpa-
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